07.07.2025 Von Soglio zum Rifugio Savogno


Heute Morgen haben wir im uralten, mit Kassettendecks aus Arvenholz verzierten Esszimmer das beste Frühstück ever! Bircher Müsli zum Reinsetzen, Milchkaffee, leckeres Brot, Käse – obwohl wir gestern schon ziemlich viel gegessen haben, können wir noch nachlegen. Wir verlassen Soglio und kommen am Ortsausgang an einer großen Baustelle vorbei: unerklärlich in diesem sehr schönen Ort ist der Bau eines Parkhauses, unmittelbar vor der schönen Kirche, ein Schwachsinn, vermutlich stößt sich dabei jemand noch reich!

Dazu muß man den Zusammenhang sehen: die Großbaustelle unten im Tal in Bondo ist nach 8 Jahren gerade fertiggestellt. Die Aufräumarbeiten des Felssturzes am Cengalo, bei dem 8 Wanderer starben und ein Teil von Bondo verschüttet wurde, wurde ausgelöst aufgrund der Klimaerwärmung und dem auftauenden Permafrost. Jetzt hier, auf der anderen Talseite in diesem winzigen schönen Ort ein Parkhaus reinbetonieren – das ist aus unserer Sicht mehr als zynisch.

Der direkte Weg auf der Höhenlinie geht schon wieder nicht – in einer engen Schlucht wird auf der italienischen Seite die Baumlawine immer noch nicht weggeräumt und die zerstörte Brücke ist noch nicht ersetzt (wir hatten das schon mal letztes Jahr bei CAI Chiavenna höflich angefragt, aus Überlastung soll es erst jetzt gemacht werden: zu spät für uns, wir müssen nach unten ausweichen).

Hier gibt es einen sehr interessanten Lehrpfad zu den hier früher sehr wichtigen Kastanien Selven. Wir steigen runter zur Grenze nach Castasegna und von hier mühsam den Bergwald wieder hoch. Ungezählte Granitplatten, bereits seit Jahrhunderten verlegt.

Es ist so heiß, daß wir in einer sehr steilen Klamm nicht anders können, als das Badezimmer aus glatt geschliffenen Felsenpools zu nutzen. Sehr erfrischt kommen wir aus diesem engen Lochwieder hoch. Wieder sehr schöne Almen und Kastanienwälder, an einer Steinmauer finden wir eine Schlangenhaut von fast 1,5 Meter.

Wenig später erreichen wir den Parkplatz, von hier sind es noch 15 min zum alten autofreien Ort Savogno. Der kleine Ort lag früher an einer wichtigen Verbindungsstraße, die die Oberrheintäler direkt mit dem Valchiavenna verband. Bereits im Mittelalter war es ein Durchgangspunkt für diejenigen, die nach Chur, der Hauptstadt der Drei Grauen Bünde, fuhren.
Bis in die 1960er Jahre war der Ort wichtiger Transitpunkt in Richtung Val di Lei, wurde aber mit der fortschreitenden Abwanderung in die Dörfer des Haupttals fast unbewohnt. Von den 400 ursprünglichen Einwohnern verließ der letzte den Ort im Jahr 1968. Derzeit leben hier ganzjährig auf 900 m Höhe nur 6 Personen. Zwei davon sind die Hüttenwirte. Die Versorgung geht über eine kleine Materialseilbahn oder eben die steilen Treppen aus dem Bergell hoch. Hier übernachten wir in dem ganzjährig betriebenen schönen Refugio.
 Ein Anlegerbier, Duschen, Abendessen – morgen wird ein langer Tag.

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AutorIn
Günter Bergmann

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