16.07.2025 Von Selma zur Capanna Cava

Rückwärtsschauend sehen wir von Selma aus noch einen Teil der Strecke des Calancahöhenwegs.

Heute verlassen wir das Calancatal und wechseln rüber in die Leventina. Wie erwartet gibt es ein super Frühstück, das erste Frühstücksei seit Wochen. Komisch, wie so profane Dinge im mehrwöchigen Bergmodus an Bedeutung gewinnen. Unsere Wäsche ist auch trocken, wie neugeboren starten wir also den Berg hoch.

Das erleichtern wir uns zunächst mit der Bedarfsgondel nach Landarenca, 350 Höhenmeter für 4 Franken pro Nase. Um halb neun stehen wir oben in dem winzigen Ort (vieles davon vermutlich Ferienwohnungen), füllen Wasser auf und los gehts. Durch gemähte steile Wiesen und Bergwald geht es immer weiter hinauf.

An einer Alp treffen wir geradezu eine Ansammlung von Menschen. Das eine ist der Älpler selbst, der seit Jahrzehnten die Ziegenalp im Sommer betreut. Sein Kollege ist mit einer akuten Nierenkolik gerade ausgefallen (wir trafen ihn unten bei Monika im B&B), zu ersetzen ist er nicht wirklich, aber der Älpler hat schon für 4 Wochen 2 Aushilfen. Außerdem steht hier noch ein älteres französisches Paar, in dieser einsamen Gegend ist das bereits eine Menschenansammlung! Der Hirte erzählt, sie machen hier Käse, jetzt zu Saisonstart ist der aber noch nicht reif. Abends holt er die Ziegen als Schutz gegen die Wölfe ins innere des hohen Elektrozauns bei der Hütte, da die Herde jetzt gerne ganz hoch steigt, muss er dazu viele Höhenmeter machen. Er erkundigt sich, wo wir herkommen, das Valle Curciusa und die Bertacchihütte kennt er von Skitouren im Winter, er wünscht uns alles Gute für den Plan der Alpendurchquerung.

Wir ziehen weiter, kommen nach dem guten Frühstück ziemlich schnell voran. Die Franzosen gehen viel langsamer, fallen weit zurück, wir sehen sie bald nicht mehr, müssen wir uns Sorgen machen?

Der Weg wird immer enger und steiler, die Felswände um uns herum wirken nicht besonders stabil, unten liegt jede Menge Bruch. Wir schlängeln uns die kaum sichtbaren Tritte immer weiter hoch bis zur Bocchetta di Pianca Geneura auf 2370 Metern. Auf der andere Seite ein steiles Schuttcouloir, es windet stark und ein paar Tropfen sind auch in der Luft. Schnell weiter runter. 200m tiefer finden wir einen ebenen Grasfleck, Zeit für ein paar Nüsse, den Rest Käse aus San Bernadino und einen Apfel.

Wir sehen bereits den Wegverlauf an der Hangseite gegenüber, mit neuem Schub geht es in den zweiten Pass des Tages, den Passo Del Mauro (2427m). Der Schlussanstieg ist mit 25 Minuten angegeben – ich spare 4 Minuten, Jippi! Wir schauen noch einmal zurück in das Couloir, das wir vorhin runter gestiegen sind.

Wir sind froh, dass wir jetzt von hier oben bereits das Tagesziel, die Cavahütte sehen, eine Hütte des UTOE, einer örtlichen Assoziation, die eine Reihe von Hütten betreibt. Steil und etwas ausgesetzt müssen wir zunächst wieder ca. 300m tiefer. Nach einer Stunde 15 Minuten bestellen wir unser Anlegerbier!

Die Hütte wird geleitet von einem jungen Paar mit (immer dazwischenfunkendem) Kleinkind, auch die wohl extra dafür anwesenden Aupairs wirken nicht so durchorganisiert. Aber ja, die Hütte läuft, ist mit Engagement und Herzblut gemacht, jede und jeder nach seiner Facon, danke von uns dafür! Die Hüttenwartin erzählt uns, dass im August 90jähriges gefeiert wird und weist uns auf ein Bild von der Eröffnung hin.

Das französische Paar schafft es bis viertel vor 7, also zum regulären Abendessen, Chapeau!

Abends sitzen wir mit Martin, einem Berggeher aus Frankfurt am Tisch. Das Gespräch dreht sich um Schulen in Frankfurt (Martin ist dort Lehrer), Korsika, die aus meiner Sicht zu wenig engagierten Aussagen des DAV zur Klimakrise. Es braucht mehr Konsequenz als Fahrgemeinschaften und CO2 freie Anreise – Klimabündnisse zu wirklich klimapolitisch arbeitenden Gruppen müssen her! Um 21 Uhr geht ich in den Schlafraum, mein Schlafbedürfnis ist gerade enorm!

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Günter Bergmann

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