10.07.2025 Lago di Lei – Pausentag

Der Lago di Lei ist ein rund 8 km langer Stausee auf 1927 m ü. M. mit einem Fassungsvermögen von etwa 197 Mio. m³. Er liegt im Valle di Lei an der Grenze zwischen Piuro (Italien) und Ferrera (Schweiz), wird aber fast vollständig Italien zugerechnet. Gestaut wird der Reno di Lei, der als einziger italienischer Fluss in die Nordsee entwässert. Zusätzlich wird Wasser aus den Nachbartälern in den See gepumpt. Der See dient als Kopfspeicher der Kraftwerke Hinterrhein AG und speist die Kraftwerke Ferrera, Bärenburg und Sils. Die Stromverteilung erfolgt zu 70 % an die Schweiz und 30 % an Italien.

Das Tal war bis zum Bau der Talsperre (1957–1962) nur schwer erreichbar. Heute ist es per Wanderweg oder Tunnel (für Fahrzeuge zwischen Mai und November) zugänglich. Im Sommer fährt ein Wanderbus.
Am See befinden sich (Stand 2024) elf bewirtschaftete Almen. Der See ist von mehreren Dreitausendern umgeben, z. B. dem Pizzo Stella (3163 m).

Das Val di Lei war jahrhundertelang zwischen lokalen Gemeinden umstritten. Ein Urteil von 1644 wies es der Gemeinde Plurs heute Piuro zu. Mit dem Grenzvertrag von 1863 wurde der größte Teil des Tals Italien zugesprochen. 1952 kam es zu einem Gebietstausch: Die Staumauer wurde auf Schweizer Boden gebaut, Italien erhielt im Gegenzug Weideland im Nordwesten des Tals. Italien bekommt 30% der Stromproduktion, die Schweiz den Löwenanteil.
Der Bau wurde von der Mailänder Firma Edison geleitet. Die Staumauer wurde 1962 fertiggestellt. Die Arbeiten erforderten den Ausbau der Zufahrt, die Anlage von Seilbahnen und Unterkünften für 1500 Arbeiter, über 1Million Manntage, 12 tödlich verunglückte Arbeiter. Mit dem Stausee gingen mehrere Siedlungen, Weideflächen und das Kirchlein S. Anna verloren.

Der See wird seit 2024 wird er von der Region Lombardei als beliebter Angelspot beworben, u. a. mit amerikanischem Seesaibling und Regenbogenforellen.
Ganz am Nordende des Sees, hinter der Staumauer (Schweiz) und damit wieder auf italienischem Gebiet betreibt Valentino und seine Familie das sehr gut gehende „Baita di Capriolo“. Diese Besonderheit ist eine Enklave italienischer Gastfreundlichkeit, nur zu Fuß oder durch einen kleinen Tunnel und über die Staumauer aus der Schweiz.

Valentino ist Jahrgang 1957, seine Eltern hatten unten im jetzt gefluteten See seit Jahrhunderten Weideland gehabt, als kleines Kind hat er noch die gigantische Baustelle erlebt. Jetzt betreibt er als lokaler „Netzwerker“ die Unterkunft, sein Bruder hat 70m weiter einen Kuhbetrieb mit der Produktion aromatischster Käselaibe. Eigentlich kommt Valentino aber aus Piuro im Bergell, eines im späten Mittelalter blühenden Ortes, der aber im 17. Jahrhundert durch einen in der Geschichte nachwirkenden Bergsturz verschüttet wurde. Hin- und Her pendelnd zwischen den Kastanienhainen im Bergell und der Gastronomie hier in den Bergen in einem der nördlichsten Zipfel Italiens ist Valentino hier ein Unikat, ein schier unermüdlicher Schaffer als Wirt und Bauhandwerker, immer noch das eine oder andere Projekt in der Hinterhand. Wir sind immer sehr gerne hier und bei seinen spannenden Geschichten (wenn er dann mal Zeit hat!)! So haben wir diese Grenzgegend sehr schätzen gelernt.

Bei Valentino haben wir einen halben Ruhetag gemacht. Morgens haben wir die Gruppe mit den eindrücklichen Bildern der letzten Tage durch einen sehr schönen Wald 1 Stunde wieder grenzüberschreitend noch runter zum Postbus bei Innerferrera gebracht. Wieder oben zurück zur zweiten Nacht in der Baita bleibt noch etwas Zeit für die Wäsche.

 

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AutorIn
Günter Bergmann

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